Ohne gültiges Ticket unterwegs? Wissenswertes zum erhöhten Beförderungsentgelt
In Branchenkreisen heißt es kurz EBE, das „erhöhte Beförderungsentgelt“. Es wird immer dann fällig, wenn Reisende ohne gültiges Ticket in den Bussen und Bahnen des Öffentlichen Personennahverkehrs unterwegs sind und schlägt aktuell deutschlandweit mit 60 Euro zu Buche. Oftmals passiert das unbeabsichtigt. Deshalb möchten wir Ihnen ein paar wissenswerte Informationen rund um das EBE mit auf den Weg geben, damit Sie für Ihre nächste Fahrt bestens gewappnet sind.
Kein gültiges Ticket? Hierfür gibt es viele Gründe.
Es gibt viele Gründe, warum Fahrgäste manchmal ohne ein gültiges Ticket mit dem ÖPNV unterwegs sind. Meist steckt dahinter weder Kalkül noch böse Absicht. Ein paar Beispiele:
- Sie sind Inhaber*in eines Ticket1000 und lassen es morgens auf dem Küchentisch liegen.
- Sie besitzen ein 4erTicket, steigen in einen Regionalexpress ein und stellen fest, dass es im Zug keine Möglichkeit gibt, eine Fahrt zu entwerten.
- An Ihrem Einstiegsbahnhof ist der einzig verfügbare Ticketautomat gestört, Sie haben deshalb keine Möglichkeit einen Fahrschein zu ziehen und steigen trotzdem in den Zug, weil Sie zu einem wichtigen Termin müssen.
- Sie können wegen eines defekten Entwerters keine Fahrt auf Ihrem 4erTicket abstempeln.
- Sie sind Inhaber*in eines Ticket1000 und haben vergessen, für die Mitnahme ihres Fahrrads in Bus und Bahn ein FahrradTicket zu ziehen.
- Sie besitzen ein Aboticket für die 2. Klasse und sitzen versehentlich in der 1. Klasse.
- Sie fahren mit Ihrem Aboticket über Ihren Geltungsbereich hinaus.
- Sie haben über die VRR App ein Ticket gelöst, bei der Kontrolle streikt ihr Smartphone und das Prüfpersonal im Fahrzeug kann Ihr Ticket nicht kontrollieren.
Warum auch immer Sie ohne gültiges Ticket unterwegs sind, in der Regel wird bei einer Kontrolle dann ein EBE von 60 Euro fällig.
Warum dürfen die Mitarbeiter*innen der Verkehrsunternehmen ein EBE von Ihnen verlangen?
Das Fahren ohne gültigen Fahrausweis ist kein „Kavaliersdelikt“, sondern ein Straftatbestand. Das Ganze beruht auf § 265a des Strafgesetzbuches. Hier heißt es in Absatz 1:
„Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.“
Regelungen zu Fahrausweisen, deren Gültigkeit und zum Erhöhten Beförderungsentgelt sind zudem Teil der allgemeinen Beförderungsbedingungen NRW (Punkt 7.5). Spätestens wenn Sie Bus und Bahn betreten, akzeptieren Sie diese Bedingungen. Soweit zur rechtlichen Einordnung, damit Sie wissen, warum die Mitarbeiter*innen eines Verkehrsunternehmens berechtigt sind, ein EBE auszustellen. Auf dem Beleg ist vermerkt, wer Ihnen das EBE ausgestellt hat und bis wann Sie die 60 Euro begleichen müssen, sonst kann es zu einem Mahn- bzw. Inkassoverfahren kommen.
Sie haben ein EBE erhalten? Was Sie jetzt tun können…
Generell gilt: Sie haben immer die Möglichkeit, gegen ein erhöhtes Beförderungsentgelt Einspruch einzulegen, wenn Sie der Ansicht sind, dass die Ausstellung zu Unrecht erfolgte. Den Einspruch richten Sie immer schriftlich an das Verkehrsunternehmen, von dem Sie das EBE erhalten haben. Alle hierfür wichtigen Informationen finden Sie auf dem Beleg, den Sie bei der Ticketprüfung erhalten haben. Die Einspruchsfrist beträgt in der Regel 14 Tage, wobei der Kontrolltag schon mit eingerechnet ist. Daher ist es wichtig, dass Sie sofort das betreffende Verkehrsunternehmen kontaktieren und Ihren Einspruch beispielsweise nicht an den VRR in Gelsenkirchen richten. Die Mitarbeiter*innen des betreffenden Verkehrsbetriebs prüfen Ihr Anliegen und geben Ihnen im Anschluss eine Rückmeldung. Lehnt das Verkehrsunternehmen Ihren Einspruch ab, dann können Sie in NRW Ihren Fall kostenfrei von der Schlichtungsstelle Nahverkehr prüfen lassen. Sie wird im Zweifelsfall versuchen, zwischen Ihnen und dem Verkehrsunternehmen eine Schlichtung zu erreichen.
Weitere hilfreiche Tipps und Informationen
Wenn Sie wegen eines defekten Entwerters oder Automaten kein gültiges Ticket mit sich führen, dann sollten Sie sich direkt Datum und Uhrzeit, Haltestelle, den genauen Standort und ggf. die Entwerter- bzw. Automatennummer notieren. Diese Informationen können Sie dann bei einem eventuellen Einspruch direkt mit angeben. Wenn Sie Inhaber*in eines personalisierten Abotickets sind und es lediglich vergessen haben, dann können Sie es beim kontrollierenden Verkehrsunternehmen innerhalb von 14 Tagen vorzeigen. Das EBE kann dann reduziert werden. In diesem Fall benötigen Sie allerdings eine Bescheinigung über Ihr bestehendes Abo von Ihrem Vertrags-Verkehrsunternehmen. Hinweise, um welches Unternehmen es sich hierbei handelt, finden Sie auf Ihrem Kontoauszug. Generell gilt: Machen Sie sich vor Fahrtantritt genau mit Ihrem Ticket vertraut, damit Sie genau wissen, wann Sie damit wo unterwegs sein können und welche Zusatznutzen eventuell enthalten sind. Zu guter Letzt ein kleiner Trost für alle, die ein EBE erhalten haben: Bis Sie aus Ihrem Bus oder Ihrer Bahn aussteigen, können sie es als Fahrausweis nutzen.