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28. September 2023

SPNV-Qualitätsbericht 2022 Baustellen, marode Infrastruktur und Personalmangel störten den Regionalverkehr

Wie haben sich die RE-, RB- und S-Bahn-Linien 2022 in unserem Verbundraum entwickelt? In welchen Bereichen haben sich die Leistungen seit dem Vorjahr verbessert? Wie bewerteten die Fahrgäste die Eisenbahnverkehrsunternehmen? Diesen Fragen widmen wir uns bereits zum 17. Mal in unserem SPNV-Qualitätsbericht.

Wie pünktlich fuhren die Züge?

Im Jahr 2022 waren die Regionalverkehrszüge im VRR mit einer durchschnittlichen Verspätung von zwei Minuten und 36 Sekunden unterwegs. Dies ist eine Verschlechterung um 43 Sekunden im Vergleich zum Vorjahr. Besonders angespannt war die Lage im Juni und August sowie im Herbst: Infrastrukturstörungen und die Auswirkungen des 9-Euro-Tickets führten dazu, dass RE-, RB- und S-Bahn-Linien besonders unpünktlich unterwegs waren. Zahlreiche Menschen aus der Region entschieden sich für das vergünstigte, deutschlandweit gültige Ticket und sorgten damit für einen großen Ansturm: An Bahnhöfen und Stationen waren deutlich mehr Menschen unterwegs. 

VRR-Vorstandssprecherin Gabriele Matz erinnert sich: „Zur Zeit des 9-Euro-Tickets waren teilweise mehr Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs als vor der Corona-Pandemie. Oftmals wurde deshalb die vorgesehene Haltezeit an Bahnhöfen und SPNV-Stationen überschritten und es kam zu Verspätungen. Viele Linien auf der Hauptachse aus Düsseldorf durch das Ruhrgebiet waren derart stark überlastet, dass Reisende in einigen Fällen nicht zusteigen konnten.“ 

S-Bahnen waren wie bereits in den Vorjahren die pünktlichsten Regionalverkehrslinien. 87 % aller Fahrten waren entweder pünktlich oder nur leicht verspätet. Bei den Regionalbahnen war dies nur bei 81,5 % der Fahrten der Fall. Mit einer Quote von 72,8 % schnitten die Regionalexpress-Linien erneut am schlechtesten ab.

Grafik "Pünktliche Fahrten"

Zugausfälle: Baustellen und Abellio-Insolvenz störten den Fahrplan

Baustellen im Eisenbahnnetz der Deutschen Bahn beeinträchtigen auch im Jahr 2022 den Regionalverkehr im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr – allerdings war der Anteil der sogenannten „vorhersehbaren Ausfälle“ niedriger als noch im Vorjahr: Rechnerisch fiel jede 15. Zugfahrt aus. Auch die Insolvenz des Eisenbahn­verkehrsunternehmens Abellio führte zu einem zeitweise ausgedünnten Fahrplan. „Im Zuge der Notmaßnahmen nach der Abellio-Insolvenz mussten binnen kürzester Zeit die ehemaligen Abellio-Mitarbeiter*innen bei den neuen Betreibern eingearbeitet, die Fahrzeuge übergeben, geprüft und systemisch auf die neuen EVU umgestellt werden. Durch den ausgedünnten Fahrplan mussten zwar die Reisenden mit Komforteinschränkungen zurechtkommen, allerdings waren diese geordnet und damit vorhersehbar sowie von kurzer Dauer. Gleichzeitig haben die Eisenbahnverkehrsunternehmen Centralbahn, Wedler Franz Logistik und Train Rental Leistungen übernommen und so die Einschränkungen für die Fahrgäste geringgehalten. In einem gemeinsamen Kraftakt aller Mitarbeitenden von Eisenbahnverkehrsunternehmen und Aufgabenträgern konnte ein ungeordneter Betriebsübergang und damit Chaos für unsere Reisenden vermieden werden“, erklärt Gabriele Matz, Vorstandssprecherin des VRR.

Grafik "Unvorhersehbare Ausfälle im Jahresverlauf aller Produktgruppen (Regionalexpress, Regionalbahn, S-Bahn)

Züge fallen auch unvorhersehbar aus

Oftmals führen auch nicht vorhersehbare Ereignisse dazu, dass Fahrten nicht stattfinden können: Im Jahr 2022 war dies bei jeder 15. Verbindung der Fall. Insbesondere der Mangel an qualifiziertem Personal wirkte sich negativ auf den Betrieb aus, weil immer wieder Fahrten wegen fehlender Triebfahrzeugführer*innen oder nicht besetzter Stellwerke ausfallen mussten. Nicht zuletzt beeinträchtige auch immer noch die Corona-Pandemie zu Beginn des Jahres 2022 den Regionalverkehr: Bedingt durch die Erkrankung und Quarantäne von Lokführer*innen und Werkstattmitarbeitenden kam es zu Personalengpässen und damit verbundenen Zugausfällen. Auch Streckensperrungen führten zu vermehrten Zugausfällen – beispielsweise durch Störungen der Eisenbahninfrastruktur, Bombenentschärfungen oder Personen im Gleis. Im Vergleich aller SPNV-Linien fiel die Linie RB 39 von Vias am seltensten aus. Die S-Bahn-Linie S 68 von DB Regio schnitt mit den meisten Ausfällen wiederholt am schlechtesten ab.

„Zugbildung“ entwickelt sich negativ

Auch die sogenannte „Zugbildung“ hat einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität des Regionalverkehrs. Was recht abstrakt klingt, ist leicht erklärt: Die Zugbildung gibt an, inwieweit Züge die Sitzplatzkapazitäten bieten, die laut Verkehrsvertrag vorgeschrieben sind. Erstmals nach vier Jahren hat sich die Situation im Jahr 2022 verschlechtert. Die Anzahl an Fahrten, die weniger Sitzplätze boten als bestellt, ist vor allem bei den Regionalexpress-Linien deutlich gestiegen. Besonders negativ fielen die Linien RE 16 und RB 91 auf: Bei nicht einmal jeder zweiten Fahrt standen den Fahrgästen die geforderten Sitzplätze zur Verfügung.

Innenraum eines Regionalverkehrszuges mit Sitzen in verschiedenen Farben

Züge der Vias Rail GmbH nach wie vor in sehr gutem Zustand

Den Zustand der SPNV-Fahrzeuge nahmen 2022 die speziell geschulten VRR-Profitester*innen unter die Lupe. Wie auch im Vorjahr bewerteten sie die Züge der Vias Rail GmbH besonders positiv. Bei anderen Eisenbahnverkehrsunternehmen kritisierten sie häufig die Sauberkeit der Fahrzeuge und die Toilettenkabinen. Vor allem die Züge von Eurobahn und Transdev Rhein-Ruhr schnitten teils schlechter als im VRR-weiten Durchschnitt ab. Bei DB Regio fielen die Ergebnisse 2022 erneut differenzierter aus: Linien des EVU lagen teils weit oben, teils weit unten in der Rangfolge aller VRR-Linien. So schneiden die Fahrzeuge, die in der Werkstatt in Aachen betreut werden, oftmals besser ab als beispielsweise die Fahrzeuge der anderen Werkstätten.

Fahrgastbefragung 2022 zeigt: Reisende sind unzufriedener mit Regionalverkehr

Bedingt durch Corona mussten wir in den Jahren 2020 und 2021 auf den gewohnten Blick auf die Zufriedenheit unserer Kund*innen verzichten: Ein reibungsloser Ablauf der Befragungen war unter Pandemie-Bedingungen nicht möglich. 2022 konnten wir erstmals wieder die Fahrgastzufriedenheit in drei Wellen erheben. Die beliebteste Linie war die RB 35 von Vias, die das Eisenbahnverkehrsunternehmen im Februar 2022 von Abellio übernommen hatte. Am wenigsten zufrieden waren die Fahrgäste im Jahr 2022 mit der S 68.

Insgesamt waren die Fahrgäste 2022 wesentlich unzufriedener mit dem Schienenpersonennahverkehr im VRR als noch im Vorjahr: Aus sämtlichen Befragungen ergibt sich eine Durchschnittsnote von 2,4. Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Qualitätsstandards. Die Nahverkehrskund*innen bewerteten die Pünktlichkeit der Linien durchschnittlich mit 3,1 und damit deutlich schlechter als im Vorjahr. Wesentlich unzufriedener waren die Reisenden auch mit den Fahrgastinformation bei Störungen im Betriebsablauf. 

Die deutlichste Verbesserung sahen die befragten Kund*innen im Jahr 2022 bei der Sauberkeit der Fahrzeuge: Durchschnittlich vergaben sie eine 2,23, was einer Verbesserung um 0,17 Notenpunkte entspricht.
 

  • Grafik "Fahrgastzufriedenheit im Jahresmittel" (Schulnoten)
  • Personen in einem Bahnhof. Eine Frau im Vordergrund schaut auf ihre Armbanduhr
    Die Nahverkehrskund*innen bewerteten die Pünktlichkeit der Linien deutlich schlechter als im Vorjahr
    Die Nahverkehrskund*innen bewerteten die Pünktlichkeit der Linien deutlich schlechter als im Vorjahr

Und wie lief es 2022 beim Ticketvertrieb an den Bahnhöfen und SPNV-Haltepunkten?

Die Verkaufsstellen unseres Vertriebsdienstleisters Transdev Vertrieb GmbH bewerteten speziell geschulte Testkund*innen anhand unterschiedlicher Standards. So wurden beispielsweise die Fachkompetenz der Vertriebsmitarbeiter*innen und die Wartezeiten an den Serviceschaltern beurteilt. Die fachliche Beratung war insbesondere bei Reklamationen nicht zufriedenstellend. Die Wartezeiten variierten je nach Größe der Vertriebsstellen: An besonders großen und bedeutsamen Bahnhöfen (Kategorie A) warteten die Testkund*innen durchschnittlich 2:53 Minuten. Bei den kleineren Vertriebsstellen (Kategorie B) lag die Wartezeit bei 1:25 Minuten, bei den Videoautomaten bei 1:31 Minuten. Insgesamt war die Qualität der Vertriebsdienstleistungen am Wuppertaler Hauptbahnhof am besten. Die Vertriebsstelle am Mönchengladbacher Hauptbahnhof schnitt am schlechtesten ab.

Blick auf einen Shop mit VRR-Verkaufsstelle

Hintergrund und weiterführende Informationen

Kurz erklärt: Woher kommen die Qualitätsdaten?

In unseren alljährlichen Qualitätsbericht nehmen wir den Regionalverkehr in unseren Verbundraum genau unter die Lupe. Und zwar objektiv anhand mess- bzw. überprüfbarer Kriterien und subjektiv auf Basis von Befragungen. Der Bericht basiert auf den sogenannten Liefernachweisen der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU). Dies sind teils automatisiert erhobene Datensätze zu Pünktlichkeit, Ausfällen und Zugbildung. Hinzu kommen Messungen und Erhebungen durch Mitarbeiter*innen des VRR oder durch externe Dienstleister, die beispielsweise Fahrgastbefragungen durchführen. Zur Auswertung werden sämtliche Daten in eine Qualitätsdatenbank eingespielt, auf Plausibilität geprüft, mit den vertraglich vereinbarten Qualitätsstandards abgeglichen und ausgewertet. Warum wir das machen? Weil wir wissen, wie wichtig hochwertige Leistungen sind, damit Sie zufrieden sind und den Regionalverkehr gerne nutzen.

Möchten Sie mehr erfahren?

Im SPNV-Qualitätsbericht 2022 können Sie sich detailliert über die einzelnen Qualitätsstandards informieren. Sie finden den Bericht in unserem Bürgerinformationssystem.

Jetzt klicken und Bürgerinformationssystem öffnen!

 

Möchten Sie mehr über die VRR-Profitester*innen wissen und erfahren, wie sie mit ihrer Arbeit die Qualität im Schienenpersonennahverkehr verbessern? Dann informieren Sie sich in unserem Magazin.

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Wibke Hinz

Von Wibke Hinz
PR- und Online-Redakteurin


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