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12. Juni 2024

SPNV-Qualitätsbericht 2023 Baustellen, marode Infrastruktur und Personalmangel bleiben Störfaktoren Nummer 1

Bereits zum 18. Mal widmen wir uns in unserem SPNV-Qualitätsbericht 2023 dem Regionalverkehr in unserem Verbundraum. Wir werfen einen prüfenden Blick auf den Betrieb der RE-, RB- und S-Bahn-Linien, nehmen die Züge unter die Lupe und geben einen Überblick, wie Fahrgäste die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) bewerten.

RE, RB und S-Bahn verspäteten sich häufiger als im Vorjahr

Im Jahr 2023 stieg die Anzahl der verspäteten Fahrten – und zwar in allen Produktgruppen. S-Bahnen waren wie bereits in den Vorjahren die pünktlichsten Regionalverkehrslinien: 83,4 % aller Fahrten waren entweder pünktlich oder nur leicht verspätet. Bei den Regionalbahnen war dies nur bei 79,4 %, bei den Regionalexpressen bei 72,5 % der Fahrten der Fall. Gleichzeitig sank die durchschnittliche Verspätung: Die Regionalverkehrszüge im VRR waren 2023 mit einer durchschnittlichen Verspätung von zwei Minuten und sieben Sekunden unterwegs – was einem Minus von 29 Sekunden im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Grafik "Pünktliche Fahrten (inkl. Verspätungen bis 3:59 Minuten)

Rund ein Sechstel aller Fahrten fiel aus

Baustellen im Eisenbahnnetz beeinträchtigten auch im Jahr 2023 den Regionalverkehr. Der Anteil der hieraus resultierenden vorhersehbaren Zugausfälle stieg um 2,41 Prozentpunkte auf 9,12 %. Rechnerisch war fast jede zehnte Zugfahrt betroffen. Oftmals führten auch nicht vorhersehbare Ereignisse dazu, dass Fahrten nicht stattfinden konnten – so beispielsweise durch kurzfristige Personalausfälle bei Triebfahrzeugführern und Werkstattmitarbeitenden oder durch Streckensperrungen infolge von Infrastrukturstörungen, Bombenentschärfungen oder Personen im Gleis. Leider zeigte sich hier ein ähnliches Bild wie bei den Ausfällen aufgrund von Bauarbeiten: Die Quote der Fahrten, die 2023 kurzfristig nicht stattfinden konnten, stieg um 1,68 Prozentpunkte auf 8,36 %.

Grafik "Unvorhersehbare Ausfälle im Jahresverlauf aller Produktgruppen (Regionalexpress, Regionalbahn, S-Bahn)"

Baustellen und Personalmangel störten den Fahrplan

„Die sinkenden Pünktlichkeitswerte und die Vielzahl an Zugausfällen zeigen deutlich, dass der Regionalverkehr nicht so verlässlich ist, wie er sein muss, um dem Umstieg auf Bus und Bahn einen Schub zu geben. Baustellen und die prekäre Personalsituation im SPNV sind zwei der Hauptgründe für die teils schlechte Betriebsqualität“, erklärt Oliver Wittke, Vorstandssprecher des VRR. „Alle SPNV-Akteure müssen sich dafür stark machen, die Situation im Interesse der Fahrgäste spürbar zu verbessern. Die Bandbreite reicht dabei von einem verbesserten Baustellenmanagement über die verstärkte Ausbildung und Qualifizierung von Personal bis hin zu Ersatzfahrplänen, die die Mobilität der Reisenden nachhaltig sichern."

VRR-Vorstandssprecher Oliver Wittke

Zugbildung: Sitzplätze immer öfter Mangelware

Auch die sogenannte „Zugbildung“ entwickelte sich 2023 negativ. Sie gibt an, inwieweit Züge die Sitzplatzkapazitäten bieten, die laut Verkehrsvertrag vorgeschrieben sind. Vor allem bei den RE-Linien gab es deutlich mehr Fahrten, bei denen Reisenden nicht die bestellten Sitzplätze zur Verfügung standen. Besonders negativ fiel in diesem Zusammenhang die Linie RE 16 auf, bei der nur jede vierte Fahrt mit ausreichend Sitzplätzen stattfand. Erfreulich entwickelte sich allerdings die Situation bei den wichtigen und langlaufenden Linien des RRX-Vorlaufbetriebs RE 1 (RRX), RE 5 (RRX) und RE 6 (RRX).

Blick in den Innenraum einer S-Bahn mit den bunten Sitzen im S-Bahn-Design

Fahrzeuge von National Express in sehr gutem Zustand

Wie bereits in den Vorjahren nahmen die VRR-Profitesterinnen und -Profitester auch 2023 die Fahrzeuge genau unter die Lupe. Sie waren insgesamt in einem guten Zustand: Der gewichtete Mittelwert liegt bei 94,71 Punkten. Den Spitzenplatz erzielte erstmals National Express. Die Profitesterinnen und Profitester attestierten dem Eisenbahnverkehrsunternehmen eine sehr gute Qualität und gaben 96,79 von 100 möglichen Punkten, eine leichte Verbesserung um 0,89 Punkte. Mit 98,96 Punkten war der RE 6 (RRX) die beste Linie des Unternehmens. Bei anderen EVU wurden häufig die Sauberkeit der Fahrzeuge und die Toilettenkabinen kritisiert. Die Fahrzeuge von DB Regio schnitten wiederholt sehr unterschiedlich ab. Einige Linien liegen weit oben, andere weit unten in der Rangfolge – je nachdem in welcher Werkstatt die Züge betreut werden und auch abhängig vom Alter der Fahrzeuge.

Ansicht eines Zuges der Linie RE 6 (RRX) an einem Bahnsteig
Der RE 6 (RRX) war 2023 die beste Linie von National Express

Fahrgastbefragung 2023: Schulnote 2,38 für den Regionalverkehr

Bereits seit 2004 befragen wir unsere Fahrgäste zu einzelnen Qualitätsstandards und der Gesamtzufriedenheit mit einer Linie – und zwar auf Basis des gängigen Schulnotensystems von eins (sehr gut) bis sechs (ungenügend). Erstmals erhielt keine der 49 SPNV-Linien eine Einser-Bewertung. Gleichzeitig ist die Spanne zwischen der beliebtesten und der unbeliebtesten Linie kleiner geworden – sie beträgt für das Jahr 2023 nur noch 0,80 Notenpunkte.

„Die befragten Fahrgäste bewerteten den Regionalverkehr in unserem Verbundraum insgesamt mit einer 2,38. Das ist zwar ‚noch gut‘, macht aber einmal mehr deutlich, dass sie mit den Leistungen nicht vollends zufrieden sind“, betont VRR-Vorstandssprecher Oliver Wittke. „Dass es erstmals seit zehn Jahren keine sehr guten Bewertungen gab, muss Ansporn für die Eisenbahnverkehrsunternehmen sein, die eigenen Leistungen kritisch zu hinterfragen und im Sinne der Fahrgäste und der Verkehrsverträge spürbar zu verbessern.“

Die Benotungen variieren stark je nach Eisenbahnverkehrsunternehmen und betrachtetem Qualitätsstandard. Vias war 2023 erneut das beliebteste Eisenbahnverkehrsunternehmen: Es erhielt eine 2,26 von den Reisenden. DB Regio belegte Platz 2 mit einer Durchschnittsnote von 2,37 und hielt damit beinahe das Zufriedenheitsniveau des Jahres 2022. Auch Transdev Rhein-Ruhr erzielte eine 2,37, National Express eine 2,42. Die Eurobahn bewerteten Fahrgäste durchschnittlich mit einer 2,45, was Platz 5 in der Rangliste entspricht. Den letzten Rang belegte 2023 die Regiobahn Fahrbetriebsgesellschaft mit einer 2,82.

Grafik "Fahrgastzufriedenheit im Jahresmittel (Schulnoten)"

Testkundinnen und -kunden beurteilen Ticketvertrieb an Bahnhöfen

Unseren Vertriebsdienstleister Transdev nahmen auch im Jahr 2023 wieder speziell geschulte Testkundinnen und -kunden unter die Lupe. Hauptaugenmerk lag dabei auf der Fachkompetenz der Vertriebsmitarbeitenden und der Wartezeit an den Serviceschaltern – zwei Qualitätsstandards, die für Fahrgäste von ganz entscheidender Bedeutung sind.

Ratsuchende warteten 2023 in den Vertriebsstellen je nach Kategorie unterschiedlich lang auf ihre Beratung. An den besonders großen und bedeutsamen Bahnhöfen im VRR (Kategorie A) betrug die Wartezeit durchschnittlich 2:37 Minuten. Bei den kleineren Vertriebsstellen der Kategorie B warteten die Kundinnen und Kunden durchschnittlich 1:17 Minuten, an den Videoautomaten 1:11 Minuten.

Um die Fachkompetenz der Vertriebsmitarbeitenden zu bewerten, besuchten die Testkundinnen und -kunden mit vorab definierten Beratungsszenarien die Vertriebsstellen. Nach dem Gespräch wurde überprüft, ob alle Anforderungen erfüllt wurden und die fachliche Beratung korrekt war. Insbesondere bei Reklamationen – einer der Hauptaufgaben der Servicekräfte – gab es 2023 Defizite . Insgesamt war die Qualität der Vertriebsdienstleistungen in Kleve am besten, in Mönchengladbach hingegen zum wiederholten Male am schlechtesten.

Illustration einer Frau mit Koffer vor einem Ticketautomaten

Interessiert an weiteren Informationen?

Kurz erklärt: Woher kommen die Qualitätsdaten?

In unseren alljährlichen Qualitätsbericht nehmen wir den Regionalverkehr in unseren Verbundraum genau unter die Lupe. Und zwar objektiv anhand mess- bzw. überprüfbarer Kriterien und subjektiv auf Basis von Befragungen. Der Bericht basiert auf den sogenannten Liefernachweisen der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU). Dies sind teils automatisiert erhobene Datensätze zu Pünktlichkeit, Ausfällen und Zugbildung. Hinzu kommen Messungen und Erhebungen durch Mitarbeitende des VRR oder durch externe Dienstleister, die beispielsweise Fahrgastbefragungen durchführen. Zur Auswertung werden sämtliche Daten in eine Qualitätsdatenbank eingespielt, auf Plausibilität geprüft, mit den vertraglich vereinbarten Qualitätsstandards abgeglichen und ausgewertet. Warum wir das machen? Weil wir wissen, wie wichtig hochwertige Leistungen sind, damit Sie zufrieden sind und den Regionalverkehr gerne nutzen.

Möchten Sie mehr erfahren?

Im SPNV-Qualitätsbericht 2023 können Sie sich detailliert über die einzelnen Qualitätsstandards informieren.

Von Wibke Hinz
PR- und Online-Redakteurin


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