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15. Dezember 2020

SPNV-Vertrieb: Rückblick auf das erste Jahr mit neuem Dienstleister

Ein Jahr ist es inzwischen her, seit die Transdev Vertrieb GmbH (Transdev) den Verkauf von Nahverkehrstickets im Namen von Abellio an den Bahnhöfen und SPNV-Haltepunkten in der Region übernommen hat. Seitdem können Nahverkehrskund*innen ihre Fahrscheine für Bus und Bahn entweder an den neuen Ticketautomaten oder direkt bei einem Servicemitarbeiter in den Vertriebsstellen des Unternehmens erwerben – gut zu erkennen am markanten grünen VRR-Design. Ein willkommener Anlass, um auf die ersten zwölf Monate mit neuem SPNV-Vertrieb zurückzuschauen.

Unser Ziel: verbesserte Wirtschaftlichkeit und zeitgemäße Funktionen

Bis Ende 2019 verkaufte die Deutsche Bahn im Rahmen eines langjährigen Vertriebsvertrages mit dem VRR Nahverkehrstickets an den SPNV-Stationen in der Region. Das Auslaufen dieses Vertrages haben wir genutzt, um den Vertrieb neu zu gestalten und im Rahmen eines europaweiten Wettbewerbsverfahrens neu ausgeschrieben.

Für den Vertrieb von Nahverkehrstickets gilt das Gleiche wie für den ÖPNV insgesamt: Er wird zum großen Teil aus Steuergeldern finanziert. Deshalb war es unser Ziel, die Wirtschaftlichkeit in einem neuen Vertrag wesentlich zu verbessern. „Der SPNV ist Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss in dieser Rolle auch Vertriebskanäle und Standorte gewährleisten, die nicht zwangsläufig wirtschaftlich sind. Trotzdem war es uns bei der Neuorganisation des Vertriebs besonders wichtig, ihn so komfortabel aber eben auch so effizient und kostengünstig wie möglich zu gestalten“, erklärt Burkhard Dedy, verantwortlicher Projektleiter für den SPNV-Vertrieb beim VRR. „Unsere finanziellen Mittel sind begrenzt. Geld, das wir im SPNV-Vertrieb durch eine verbesserte Wirtschaftlichkeit einsparen, können wir zum Nutzen aller Nahverkehrskund*innen in zusätzliche SPNV-Leistungen investieren.“ Aus diesem Grund wurden einige Automaten- und Vertriebsstellenstandorte aufgegeben – und zwar dort, wo die Einnahmen durch Ticketverkäufe noch nicht einmal die Unterhaltungskosten sichern. So können Nahverkehrskund*innen heute zwar beispielsweise an jeder Station im VRR ein Ticket am Automaten kaufen, nur nicht mehr zwangsläufig an mehreren Stellen pro Station. Bei hoher Nachfrage oder auch an Stationen, die bisher gar keinen Vertrieb hatten, haben wir den Vertrieb aber auch ausgeweitet – eine aus unserer Sicht positive Entwicklung. Die allermeisten Fahrgäste scheinen diese Einschätzung zu teilen, denn nur in sehr seltenen Fällen beschwerten sich Kund*innen über weggefallenen Automatenstandorte. „Wir haben uns mit jeder einzelnen Rückmeldung beschäftigt und nachgesteuert, wenn es möglich und wirtschaftlich sinnvoll war. Und nach diesem Verfahren werden wir auch weiterhin vorgehen“, so Dedy weiter.

Ein Mann steht an einem Fahrkartenautomat

Rund 450 Ticketautomaten im VRR-Design

Im März 2017 erhielt Transdev den Zuschlag und übernahm im Dezember 2019 den Ticketvertrieb in den Bahnhöfen und Haltepunkten im SPNV. Seitdem können Fahrgäste an rund 450 grünen Ticketautomaten, in 21 Vertriebsstellen und 23 Agenturen Nahverkehrsticket erwerben.

Die neuen Ticketautomaten sind kundenfreundlich gestaltet und bieten im Vergleich zu den alten DB-Automaten zusätzliche nützliche Funktionen. Anfangs kam es jedoch bei einzelnen Geräten zu Störungen, manche waren nicht zu bedienen, bei anderen funktionierte die Onlineanbindung nicht korrekt und zum Teil konnten Fahrgäste nicht alle Zahlungsmittel einsetzen. Inzwischen hat sich jedoch die sogenannte Verfügbarkeit der Ticketautomaten – also der reibungslose Betrieb aller Funktionen – wesentlich verbessert und liegt inzwischen bei durchschnittlich 97 bis 98 Prozent.

Fahrgäste profitieren bei den neuen Ticketautomaten von einer verbesserten Menüstruktur. Sie gelangen in der Regel mit drei Klicks zu ihrem Fahrschein, entweder durch die Eingabe von Start und Ziel oder die unmittelbare Auswahl des gewünschten Tickets. Und auch das Bezahlen ist komfortabel organisiert. Nahverkehrskund*innen können flexibel entscheiden, wie sie die Kosten für ihr Ticket begleichen möchten: bar, per Giro- oder Kreditkarte oder kontaktlos mittels NFC-Technik. Ein zusätzliches Farbdisplay oben am Ticketautomaten informiert über aktuelle Abfahrtszeiten am jeweiligen Bahnhof sowie Angebote und Services rund um den Öffentlichen Personennahverkehr.

Auf dem Bild ist ein Transdev/Abellio-Fahrkartenautomat zu sehen

Persönlicher Ticketverkauf in Vertriebsstellen

An 21 Stationen mit einer großen Fahrgastnachfrage betreibt Transdev eigene Vertriebsstellen, in denen Fahrgäste sämtliche Anliegen rund um den Öffentlichen Personennahverkehr direkt mit einem Servicemitarbeiter*innen klären können. Erste Testkund*innenuntersuchungen zeigen, dass sich insbesondere die Wartezeiten positiv entwickelt haben: Durchschnittlich warteten Fahrgäste etwa 100 Sekunden auf den persönlichen Kontakt zu einem Transdev-Mitarbeiter. Weniger erfreulich war das recht lückenhafte Wissen des Servicepersonals im Hinblick auf den VRR-Tarif und das Ticketangebot des Verbundes. „Die Ergebnisse sind vergleichbar mit den Werten der Deutschen Bahn in vor einigen Jahren, in denen wir die Qualität der Vertriebsstellen systematisch durch Testkund*innenuntersuchungen erhoben haben“, erläutert Burkhard Dedy, „hier muss dringend u. a. durch Schulung des Personals nachgebessert werden, um den Fahrgästen eine bestmögliche Servicequalität bieten zu können.“ Eine solche Verbesserung war auch bei der Deutschen Bahn über die Jahre erkennbar.

Ein Press and Book-Shop im Bahnhof
Bei dem "Press & Books" Shop in Recklinghausen handelt es sich um eine Agentur, in der Fahrgäste Tickets kaufen können.

Fazit: zufriedenstellendes erstes Jahr mit erkennbarem Trend zum Online-Verkauf

Insgesamt verlief das erste Jahr mit neuem Vertriebsdienstleister zufriedenstellend. Vor allem die neuen Ticketautomaten wurden von den Nahverkehrskund*innen häufig genutzt – und das trotz neuer Technik und einer reduzierten Anzahl von Geräten. Die Umsätze dieses mit Abstand stärksten Vertriebskanals lagen auf einem Niveau mit den Vorjahreswerten der DB (bereinigt um die Auswirkungen der Corona-Pandemie). Deutliche Umsatzeinbußen verzeichnete der Vertrieb über die personenbedienten Verkaufsstellen. Ein Grund hierfür war beispielsweise, dass Fahrgäste die neuen Standorte erst ausfindig machen mussten – und zwar abseits der vormals bekannten DB-Reisezentren. Hinzu kam, dass Kund*innen in den DB-Reisezentren abgewiesen und nicht auf die Transdev-Vertriebsstellen, sondern die KundenCenter der kommunalen Verkehrsunternehmen hingewiesen wurden. Und sicherlich sorgte auch Corona für ein Umdenken bei den Fahrgästen. „Nahverkehrstickets werden immer häufiger online gekauft, was vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie auch absolut sinnvoll ist“, betont Burkhard Dedy, „denn wir alle sind ja gefordert, Abstand zu unseren Mitmenschen zu halten und die Hygieneregeln zu berücksichtigen.“ Diesen generellen Trend hin zum Online-Kauf greift der VRR auch im Rahmen des aktuellen Markttests nextTicket 2.0 auf, bei dem Fahrgäste einen elektronischen Tarif direkt über ihr Smartphone nutzen können. Vor allem Gelegenheitskunden profitieren von der einfachen Handhabung des Angebotes. Perspektivisch wird diese Form des Ticketings immer mehr Raum einnehmen. So erarbeiten die Verbünde und Tarifgemeinschaften in NRW derzeit gemeinsam mit dem Kompetenzcenter Marketing (KCM) ein gemeinsames Zielbild für einen landesweiten elektronischen Tarif, der bereits im kommenden Jahr im Rahmen eines Fahrgastinformations- und Ticketingsystems mit Check-in/Be-out-Funktion (CiBo) zum Einsatz kommen soll.

Eine Frau steht in einer Bahnhofshalle und blickt auf ihr Smartphone.
Wibke Hinz

Von Wibke Hinz
PR-Redakteurin


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