Gelsenkirchen, Köln, Unna | 30. November 2021

Aufgabenträger sichern Arbeitsplätze von Abellio-Mitarbeitern

Die Aufgabenträger des nordrhein-westfälischen Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) haben allen Beschäftigten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Abellio Rail GmbH den vollumfänglichen Erhalt ihrer Arbeitsplätze zugesagt. Dieses weitreichende Angebot haben Vorstand und Geschäftsführer der drei Zweckverbände Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und Nahverkehr Rheinland (NVR) heute der Abellio-Belegschaft auf dem Betriebsgelände des Eisenbahnverkehrsunternehmens (EVU) in Hagen persönlich unterbreitet. Um Qualität und Zuverlässigkeit für die Fahrgäste im SPNV auch künftig sicherzustellen, warben die Vertreter von VRR, NWL und NVR bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eindringlich für einen Übergang in die EVU, die ab Februar 2022 die bisherigen-Abellio-Linien wie beispielsweise den RE 1 (RRX) sowie den RE 11 (RRX) betreiben sollen. Die Verantwortlichen der Aufgabenträger sicherten der Belegschaft dabei zu, bei einem Wechsel alle Rechte aus ihrem bisherigen Arbeitsverhältnis beibehalten zu können – dies soll ausdrücklich auch für die Berücksichtigung von Resturlaub und Überstunden gelten. Diese umfassende Zusicherung gilt für alle Angestellten und Auszubildenden der Abellio sämtlicher Gewerke, vom Lokführer bzw. Leihlokführer, über in den Werkstätten Beschäftigte, Fahrpersonal bis zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Verwaltung. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Abellio bei den anstehenden Direktvergaben nicht teilnehmen wird.

Verantwortliche von VRR, NWL und NVR bei Abellio-Belegschaftsversammlungen in Hagen / Arbeitsverträge werden mit allen Rechten von anderen EVU übernommen / Keine Direktvergabe an Abellio

In der Abellio-Betriebswerkstatt in der Eckeseyer Straße informierten Ronald R.F. Lünser (VRR-Vorstandssprecher), Joachim Künzel (NWL-Geschäftsführer) und Heiko Sedlaczek (NVR-Geschäftsführer) in zwei Gesprächsrunden sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Früh- als auch der Spätschicht über die Gründe des Scheiterns der Verhandlungen mit dem EVU zur Fortführung der Verkehre. Nachdem Abellio-Geschäftsführung und -Gesellschafter mehrere unzureichende Angebote abgegeben hatten, hatte das Unternehmen heute angekündigt, am derzeit laufenden Ausschreibungsverfahren zur Direktvergabe nicht teilnehmen zu wollen. Die Prüfung auf Seiten der Aufgabenträger hat ergeben, dass zwingende rechtliche Gründe eine Direktvergabe nicht erlauben, weil die Wahrscheinlichkeit, dass Abellio die geforderten Leistungen zuverlässig sicherstellen kann, als gering erachtet wird. Die damit verbundenen Risiken wollen VRR, NWL und NVR weder ihren Fahrgästen noch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf Seiten der Abellio zumuten.

„Wir bedanken uns dafür, dass wir heute die Gelegenheit bekommen, einmal persönlich zu Ihnen sprechen zu können“, sagte Ronald R.F. Lünser. „Und ich möchte mich, ausdrücklich auch im Namen meiner Kollegen vom NWL und NVR dafür bedanken, dass Sie alle trotz der schwierigen Bedingungen und Sorgen um Ihre Arbeitsplätze in den vergangenen Wochen so engagiert weitergearbeitet haben. Das war und ist nicht selbstverständlich.“ Der VRR-Vorstandssprecher warb gegenüber der Belegschaft gemeinsam mit seinen Kollegen aus den beiden anderen Zweckverbänden dafür, die Zeit bis zum Auslaufen der Fortführungsvereinbarung Ende Januar in Diensten der Abellio zu bleiben, um dann einen gesicherten Arbeitsplatz in einem der Unternehmen, die sich in dem derzeit laufenden Ex-Ante-Ausschreibungsverfahren beworben haben, anzutreten. „Wir wollen unsere Fahrgäste auch weiterhin zuverlässig bedienen. Und deshalb unser Appell an Sie: Dafür brauchen wir Sie als verlässliche Eisenbahnerinnen und Eisenbahner. Deshalb haben wir alles dafür unternommen, dass Sie Ihre Arbeitsplätze so behalten können wie sie sind. Sie wechseln zwar den Arbeitgeber, das wird leider nicht anders möglich sein. Aber ansonsten haben wir in Abstimmung mit den Unternehmen, die diese Strecken voraussichtlich übernehmen, alles so vorbereitet, dass Ihre Arbeitsverträge mit allen Rechten und Pflichten übernommen werden. Sie müssen grundsätzlich auf nichts verzichten. Nicht alle werden am selben Ort arbeiten können, aber wir werden darauf achten, dass niemand unzumutbare Wegstrecken zu seinem neuen Arbeitsplatz auf sich nehmen muss.“

Die Abellio Rail GmbH befindet sich derzeit in einem sogenannten regulären Schutzschirmhauptverfahren in Eigenverwaltung zur Sanierung und ist aufgrund einer Ende September mit den Aufgabenträgern abgeschlossenen Fortführungsvereinbarung verpflichtet, die Verkehre bis zum 31. Januar 2022 im bisherigen Umfang zu leisten – hierfür hatten die Aufgabenträger dem EVU gesondert acht Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Für den jetzt eingetretenen Fall, dass eine Sanierung der Abellio nicht gelingen sollte, war in dieser Fortführungsvereinbarung ausdrücklich auch geregelt worden, dass die Geschäftsführung des Unternehmens eine geordnete Überleitung der Arbeitsplätze und des Betriebs auf andere Eisenbahnverkehrsunternehmen unterstützt.

Joachim Künzel erläuterte den Abellio-Mitarbeiterinnen und –Mitarbeitern das weitere Vorgehen der Aufgabenträger zur Entscheidung über die Direktvergabe: „Wir haben für jede Fachrichtung Arbeitsgruppen eingerichtet: Für die Lokführer und das übrige Personal genauso wie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung und in den Werkstätten. Das heißt, unsere Mitarbeiter werden mit den entsprechenden Verantwortlichen aus dem Hause Abellio sehr genau und individuell auf jeden Einzelnen von Ihnen ausgerichtet eine Lösung erarbeiten.“ Die bisherigen Gespräche mit den potentiellen Nachfolgern von Abellio zur Frage des Personalübergangs seien sämtlich positiv verlaufen. „Niemand wird einen Einstellungstest durchlaufen müssen, kein Lokführer wird noch einmal eine Prüfung ablegen müssen. Wir und die künftigen Linienbetreiber wollen Sie alle in exakt der Qualität und Zuverlässigkeit, in der Sie auch bisher gearbeitet haben. Wir strecken Ihnen die Hand aus, schenken Sie uns das Vertrauen und schlagen Sie ein.“ Dabei haben die Aufgabenträger, sicherte der NWL-Geschäftsführer ausdrücklich zu, auch Sorge dafür getragen, dass die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich derzeit noch in der Probezeit befinden, mit den selben vertraglichen Rechten und Pflichten wie bereits bislang überführt werden.

Heiko Sedlaczek, Geschäftsführer des NVR, zeigte Verständnis für die Verunsicherung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, versicherte aber nachdrücklich, dass sowohl die Aufgabenträger als auch die EVU, welche die Verkehre ab dem 1. Februar 2022 bedienen sollen, den Personalübergang nach besten Kräften unterstützen würden. „Wir werden Ihre Arbeitsplätze retten und haben daher in den Gesprächen mit den potentiellen Nachfolge-Unternehmen alles bis ins Detail abgestimmt, um Ihnen den Übergang so einfach wie nur möglich zu gestalten. Es kann unter diesen Umständen nicht alles bleiben wie es ist, aber Sie müssen auf nichts, was bisher in Ihren Arbeitsverträgen geregelt ist, künftig verzichten. Das ist der Teil, den wir leisten konnten - und wir werden dafür einstehen. Nun ist es an Ihnen darüber zu entscheiden, ob Sie dieses Angebot auch annehmen wollen. Das ist das, worum wir Sie heute hier bitten.“

Die Verantwortlichen der Aufgabenträger stellten sich im weiteren Verlauf der Belegschaftsversammlungen auch den Fragen der rund 900 Abellio-Mitarbeiterinnen und –Mitarbeiter. Dabei standen Themen wie beispielsweise das Fortbestehen des Kundencenters in Remscheid oder die Tarifbindung an die Gewerkschaften GDL oder EVG bei Vergabe an ein Unternehmen, das keinen gültigen Tarifvertrag mit einen der beiden Gewerkschaften hat, im Vordergrund. Der Weiterbetrieb des Kundencenters und damit der Erhalt der dortigen Arbeitsplätze sind gesichert, da dies neben der Verkehrsleistung zu den Hauptleistungspflichten des Verkehrsvertrags des „Müngsteners“ (Linie S7) gehört. Und auch die EVU, die keine Tarifbindung mit den beiden Gewerkschaften GDL und EVG ausgehandelt haben, werden auf Basis derRepräsentative Tarifverträge Verordnung (RepTVVO) des Landes NRW selbstverständlich den ausgehandelten Tariflohn zahlen.

Welche EVU bei der Direktvergabe den Zuschlag erhalten und mit Wirkung ab 1. Februar 2022 für zunächst zwei Jahre die bislang von Abellio geleisteten Verkehre übernehmen werden, legen die Gremien der drei Aufgabenträger bis Mitte Dezember fest. Ausgeschrieben sind die S-Bahn-Verbindung 7, das Niederrheinnetz und das Ruhr-Sieg-Netz, die Linien RE 1 (RRX) von Aachen bis Hamm und RE 11 (RRX) zwischen Düsseldorf und Kassel sowie das S-Bahn-Netz Rhein-Ruhr. Die bislang von Abellio genutzten Fahrzeuge werden dabei im Einsatz bleiben, da diese Eigentum der Aufgabenträger sind. Bei der Neuvergabe erhalten VRR, NWL und NVR Unterstützung vom Ministerium für Verkehr NRW, das sich bereit erklärt hat, die entstehenden Mehrkosten bis zu einer Höhe von 380 Millionen Euro auszugleichen.

Ronald Lünser am Mikrofon
Die Vertreter der Aufgabenträger sprechen auf der Abellio-Belegschaftsversammlung in Hagen zu den Beschäftigen: (von links) Heiko Sedlaczek (Geschäftsführer NVR), Ronald R. F. Lünser (Vorstandssprecher VRR) und Joachim Künzel (Geschäftsführer NWL).

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