Trotz Corona: VRR stellt Weichen für die Zukunft
Der öffentliche Verkehr leidet nach wie vor unter der Pandemie. Die mit Corona einhergehenden Beschränkungen haben den Unternehmen des ÖPNV auch im Jahr 2021 erneut finanziell zugesetzt. Das bilanziert der VRR im Rückblick auf das vergangene Jahr. Die Ticketumsätze fielen um 48,9* Millionen Euro auf insgesamt 1.048* Milliarden Euro. Das bedeutet ein Minus von 4,5* Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dennoch ist diese Entwicklung positiver, als zu Beginn des vergangenen Jahres prognostiziert. Ein Grund dafür ist die positive Entwicklung des Barsortiments ab Mitte des Jahres. Bei Monatstickets sowie bei den Abonnements verzeichnet der Verbund Einnahmerückgänge nach einem weiteren Jahr mit pandemischen Herausforderungen. Die Einnahmeausfälle wer-den durch die von Bund und Land zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel im Rahmen des Corona-Rettungsschirms sowohl 2020 als auch 2021 weitestgehend aufgefangen.
VRR-Bilanz immer noch unter dem Einfluss der Pandemie
(*) noch kein endgültiges Ergebnis, leichte Abweichungen sind noch möglich
Der Verbund ist zuversichtlich, dass sich mit der schrittweisen Lockerung der Coronabeschränkungen das gesellschaftliche Leben normalisiert und Fahrtanlässe wieder zunehmen. Dann kann das Niveau des Jahres 2019 voraussichtlich, wie prognostiziert im Jahr 2024 wieder erreicht ist.
Auch, wenn das zurückliegende Jahr erneut unter dem Einfluss der Pandemie stand, hat der VRR viele Weichen für die Zukunft gestellt. Wie im Jahr zuvor hat der Verbund Maßnahmen entwickelt und auf den Weg gebracht, um den ÖPNV attraktiver zu machen und Kund*innen auch in der Krise zu halten. Bereits im Jahr 2020 hat der Verbund frühzeitig auf die Corona-Krise reagiert und im Dialog mit allen Akteuren erreicht, dass Bund und Ländern auch für 2021 einen ÖPNV-Rettungsschirm bereitgestellt haben, um das ÖPNV-Angebot zu stabilisieren und aufrechtzuerhalten. „Als unverzichtbares Rückgrat für die Mobilität in Nordrhein-Westfalen hatte der ÖPNV auch diesen Zeiten Bestand und leistet seinen gesellschaftlichen Beitrag. Um die Mobilität der Menschen zu sichern, die auf den öffentlichen Verkehr angewiesen sind, und trotz geringer Auslastung haben die Verkehrsunternehmen ihr Angebot aufrechterhalten“, sagt José Luis Castrillo, VRR Vorstand. Der VRR hat auf diese Situation im vergangenen Jahr in kurzer Zeit mit dem Ausbau der Digitalisierung und mit einer Erweiterung im Ticketsortiment reagiert. Dass der ÖPNV trotz aller Krise großen Zuspruch erhält, zeigte auch die gemeinsame Aktion der NRW Verbünde in den Sommerferien 2020 und 2021.
VRR App als moderne Serviceplattform
Um Fahrgästen im Verbundraum den Zugang zum Öffentlichen Personennahverkehr zu erleichtern, hat der Verbund im vergangenen Jahr die VRR App weiterentwickelt. „Durch die neuen Funktionalitäten rund um die Fahrt mit Bus und Bahn geht die App einen weiteren Schritt in Richtung Mobilitätsplattform und macht sie zur idealen Begleitung für Reisen mit dem öffentlichen Verkehr im Verbund und in ganz NRW“, so Castrillo. Nach wie vor ist die Übersicht und Auswahl verschiedener Verkehrsmittel in Kombination mit dem ÖPNV zentraler Funktionsbestandteil auch der neuen App. In einer übersichtlichen Darstellung erlaubt die App den direkten Zugriff auf ÖPNV, Fahrrad-Routing, Bike-Sharing und Park-/Bike & Ride. In die VRR-App wurde zudem eine in Pandemiezeiten wichtige Neuerung integriert: die Auslastungsinformation in Zügen des Nahverkehrs. Damit erhalten Fahrgäste die Möglichkeit, ihr Reiseverhalten auf die Auslastung bestimmter Fahrten abzustimmen.
Die Auslastungsinformationen einzelner Züge wird nun neben Störungs- und Verspätungsmeldungen dargestellt. Neben dem neuen Ticketshop wurden das Design und die Nutzerführung in der App angepasst und der Auskunftsbereich optimiert.
Tarifliche Weiterentwicklung
Tariflich reagierte der VRR kurzfristig auf die derzeitige Situation, hielt die Preise im Verbund im Jahr 2021 stabil und entwickelte Nahverkehrstarife, die mehr Flexibilität ins aktuelle Tarifangebot bringen. Seit Mitte des vergangenen Jahres testet der VRR mit „FlexJob“ ein Tarifmodell für Firmenkunden. In diesem Jahr sind mit „Flex25" und "Flex35" weitere digitale Tickets hinzugekommen, die allen Kund*innen Rabatte auf Einzeltickets gewähren. „Mit diesen Tarifen berücksichtigen wir die neuen Arbeitsmodelle. Sie bringen ein Plus an Flexibilität für Fahrgäste, die sich nicht festlegen möchten und machen den ÖPNV in vielen Fällen auch zur wirtschaftlich günstigeren Alternative zum eigenen Auto“, so José Luis Castrillo. Ab Juli wird auch das Einzelticket für die Kurzstrecke im Rahmen der FlexTicket-Varianten wählbar sein.
Landesweiter eTarif
Am 1. Dezember 2021 ist mit eezy, der landesweite elektronische Tarif an den Start gegangen, der flächendeckend in ganz Nordrhein-Westfalen für Busse und Bahnen gilt. Der einfache Zugang ohne Tarifkenntnisse macht eezy gerade für Gelegenheitskund*innen interessant und Bus- und Bahnfahren für diese Zielgruppe noch attraktiver. Im ersten Schritt wurde mit eezy der eTarif für Gelegenheitskund*innen umgesetzt. Perspektivisch sollen ergänzende eTarif-Produkte entwickelt werden, die weitere Zielgruppen bedienen.
Finanzierungslücke im ÖPNV steigt
Die Ticketeinnahmen stellen weiterhin eine wesentliche Finanzierungssäule der Branche dar. Es zeichnet sich ab, dass die Einnahmen, die die Verkehrsunternehmen benötigen, um ihre Aufwandssteigerungen zu decken, nicht mehr ausreichen.
Neben den allgemeinen Kostensteigerungen bei Energie und Personal sind es die Kosten für eine lückenlose digitale Fahrgastinformation sowie Investitionen in die moderne und barrierefreie Infrastruktur und in Fahrzeuge mit sauberen, emissionsarmen Antriebstechnologien, die es zukünftig zu kompensieren gilt. Bis zum Jahr 2030 entsteht so bundesweit ein Finanzierungsbedarf von rund 11 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt ein unabhängiges Leistungskostengutachten im Auftrag des VDV unter Beteiligung des VRR. Denn um das Ziel zu erreichen, die Zahl der Fahrgäste im ÖPNV bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln, ist eine Erhöhung der Betriebsleistung im ÖPNV um durchschnittlich 60 Prozent nötig. „Für das Verbundgebiet des VRR bedeutet es, ersten vorsichtigen Hochrechnungen zu folge, in etwa ein Viertel der der Summe“, sagt José Luis Castrillo. Die massiven Ausweitungen des Leistungsangebotes führen zu einem sehr hohen, zusätzlichen Mittelbedarf, neben der bestehenden angespannten Finanzierungssituation als Folge der Corona Pandemie. „Mit der heutigen Finanzierungsstruktur werden die ambitionierten Ziele nicht erreichbar sein. Die Finanzierung des ÖPNV durch die Kommunen ist weitestgehend ausgereizt und lässt nur wenig Raum für zusätzliche Angebote“, so Castrillo.
„Hinzu kommt die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung aufgrund der weltpolitischen Ereignisse, die die gesamte Branche vor zusätzlich zu bewältigende Herausforderungen stellt. Allein die Preissteigerungen im SPNV für Strom und Diesel liegen bei rund 36 Prozent. Insofern richten wir einen Hilferuf an die Politik und führen einen vertrauensvollen Dialog, damit das ÖPNV-Angebot stabil und die ÖPNV-Preise angemessen bleiben.“
Damit im VRR auch weiterhin ein attraktiver Nahverkehr mit einem vollen Verkehrsangebot aufrechterhalten werden kann und die Kommunen vor Ort die Herausforderungen der Verkehrswende meistern können, müssen nachhaltige Lösungen für eine gesicherte und auskömmliche Finanzierung gefunden werden. Denn der ÖPNV ist das Rückgrat einer zeitgemäßen, umwelt- und klimafreundlichen Nahmobilität und damit ein wesentlicher Baustein, um die Mobilitätswende weiter voranzutreiben.
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